Radreise durch Deutschland, Frankreich, Belgien und die Niederlande
3.050 km in 37 Tagen: Radreise von Deutschland ins Elsaß, entlang der Maas durch Frankreich, Belgien und die Niederlande und zurück nach Deutschland im Sommer 2022, Teil 2
Tag 16: Metz - Viller-sur-Meuse, 93 km
Am Morgen radelten wir erst einmal 23 km zurück an der Mosel entlang bis Arnaville, so früh am Sonntagmorgen war fast nichts los auf dem Radweg. Ab Arnaville kamen wir auf kurvigen kleinen Landstraßen rollten zügig voran. Erste Pause in Jaulny. Ab hier wurde es bergiger und ein französischer Rennradfahrer, der uns begegnete, zeigte große Interesse an unserer Tour. Besonders die Gesamtlänge erstaunte ihn. Wenig später schlug der Pannenteufel zu: ein Haken der Fronttasche ging verloren, die Suchaktion war erfolglos. Also den Ersatzhaken (Juhu) dran gebastelt und weiter gings auf einem Feldweg erster Güte. Das Terrain blieb hügelig und die Straßen sehr leer. Nach einer 10 km langen Geraden dann die verdiente Pause mit Hamburger im verschlafenen Vigneulles-les-Hattonchatel. Das wurde auch Zeit, es war nämlich schon 14 Uhr. Nach dem Essen folgte die Bergwertung des Tages: 150 Höhenmeter hinauf nach Hattonchatel, gewonnen habe ich - wie immer am Berg ;-). Die nächsten 15 km radelten wir zur Abwechslung mal durch den Wald mit klasse Abfahrten hinunter ins Tal der Maas. Den Fluss erreichten wir in La Croix sur La Meuse (Meuse heißt die Maas auf Französisch). Auf den ersten 10 km an der Maas sahen wir vom Fluss, der uns die nächsten 10 Tage begleiten sollte, nicht viel. Dafür lag unser Campingplatz an der Maas und von unserer Sitzgruppe schauten wir direkt auf den Fluss.
Auf in den Schwarzwald!
Tag 17: Viller-sur-Meuse - Consenvoye, 68 km
Der Campingplatz in Viller-sur-Meuse war klein und schön angelegt, aber nicht gerade leise (Straßenlärm). Nach dem Frühstück mit Blick auf die Maas gings auf nach Verdun. Die ersten 15 km führte die Route auf Landstraßen, der Maasradweg existiert wohl teilweise nur auf der Landkarte, immerhin hielt sich der Verkehr in Grenzen. Verdun kündigte sich aus der Ferne mit seiner großen Kathedrale Notre-Dame an. Besonders die Uferpromenade mit der Brücke und dem Stadttor haben uns sehr gut gefallen. Nach dem Besuch des riesigen Monumentes für den Ersten Weltkrieg wollten wir zum Museum Memorial de Verdun. Dieses lag 8 Kilometer außerhalb der Stadt und die Strecke war mit fetten Anstiegen versehen. Das Museum selbst hat sich aber sehr gelohnt. Es bot einen guten Überblick über die Geschehnisse des Ersten Weltkriege bei Verdun. Wirklich beeindruckend waren riesige Soldatengräber unweit des Museums.Wo es hoch geht, geht es natürlich auch wieder hinunter. Also folgte eine steile Abfahrt hinab in die Stadt. Mittlerweile war es 14:30 Uhr und man glaubt es kaum, man bekommt um diese Uhrzeit in Frankreich nichts mehr zu Essen, alle Restaurants haben geschlossen. Also gab es Sandwich, die waren auch lecker. Nach Besichtigung der Kathedrale radelten wir weiter. Die nächsten 25 Kilometer fuhren wir überwiegend am Kanal der Maas entlang, teilweise auf dem Damm, der zwischen Fluss und Kanal lag. Landschaftlich war das ein Traum. Unseren kleinen Campingplatz in Consenvoye erreichten wir 18 Uhr bei noch immer fast 30 °C. Die Dusche gehörte uns!
Verdun!
Tag 18: Consenvoye - Sedan, 85 km
Trotz des lauten Rauschens des Wehrs der Maas haben wir gut geschlafen. Nach dem Frühstück bei milden 13 °C stand eine Etappe fast ausschließlich auf Straßen bevor, und: heute sollte es durch die Ardennen gehen! Das hört sich nach reichlich Höhenmetern an. Aber der Reihe nach. Die erste längere Steigung zum Aufwärmen erwartete uns kurz nach dem Start. Auf wenig befahrenen, aber oft schlechten Landstraßen folgten wir mit großem Abstand zur Maas dem Tal. Den Fluss bekamen wir heute nur selten zu Gesicht. In Sassey-sur-Meuse bogen wir auf fast leere kleine Straßen ab. Am Berghang oberhalb des Dorfes lag die wunderschöne Kirche Notre-Dame - so heißt hier jede 2. Kirche : -) Wenig später konnten wir dann mal wieder etwas für unsere Fitness tun: ein kräftiger Anstieg nach dem anderen war zu bewältigen. Lohn der Mühe: wunderbare Aussichten auf die schöne hügelige Landschaft an Tal der Maas. Gegen 13 Uhr erreichen wir das direkt an der Maas liegende Städtchen Mouzon. Die beeindruckende Abteikirche Notre-Dame dominiert den Ortskern. Nach der Besichtigung wollten wir etwas essen. Die wenigen Restaurants hatten geschlossen. Das hatten wir in der ersten Stadt nach mehr als 60 km nicht erwartet. Zum Glück gibt es in Frankreich aber in vielen Orten eine Boulangerie. Dort gab es leckere Pizzastücke, das hat uns gerettet. Ganz nebenbei hatten wir heute Mittag Halbzeit unserer Tour ;-) Hinter Mouzon durften wir nach 70 km endlich die Straßen verlassen und radelten bis Sedan am Maas-Kanal. Unser heutiges Ziel Sedan hinterließ bei uns einen zwiespältigen Eindruck, wie etliche Städte auf unsere Route in Frankreich. Die riesige Festung ist wirklich beeindruckend. Die quirlige Innenstadt ist irgendetwas zwischen schön und hässlich, auf jeden Fall aber typisch französisch.
Die Ardennen warten
Tag 19: Sedan - Revin, 71 km
Das Hotel in Sedan hatte das kleinste Zimmer, das man sich vorstellen kann, na ja. Aus der Stadt heraus ging es fix, auch wenn der Autobahnzubringer keinen Radweg hatte. Heute fuhren wir die ersten 23 km am Canal de Ardenes, klasse Strecke, ruhig und super Asphalt. Schon 10:30 Uhr erreichten wir Charleville-Mezieres. Die Kirche Saint Remis war wieder eine von den beeindruckenden Sakralbauten in Frankreich. Der Place Ducale war vollständig mit 27 weitgehend einheitlichen dreigeschossigen Backsteingebäuden umbaut. Das Ganze wirkte wie ein großer Palast - einfach wunderschön. Der Platz selbst war schon vorbereitet für die Feiern zum Nationalfeiertag am 14.07. Nach der Stadt folgte unsere Route wieder der Maas, die sich durch die hohen Berge der Ardennen schlängelte. Landschaftlich ein wunderbares Stück Maasradweg. Unterwegs tauchten immer mal wieder Bunker neben der Strecke auf. Dem Aussehen nach waren es Wehrmachtsbunker aus dem 2. Weltkrieg. In Bogny-sur-Meuse gab es dann ausnahmsweise zur Mittagszeit auch Mittagessen. Stefanie hat mal Panini probiert, mir hat es geschmeckt, Stefanie nicht so. Nächster Stopp wenige Kilometer weiter in Montherme. Der Ort liegt an einer großen Maasschleife und die wollten wir von oben sehen. Der Aussichtspunkt war nur 500 m entfernt, leider auch 150 m höher. Also sind wir bei 35 °C den steilen Weg hochgekraxelt, was für eine Plackerei. Aber: der Ausblick war es wert. Die letzten 21 km bis zum Ziel in Revin radelten wir mal am Fluss, mal am Kanal und bestaunten dabei die hohen schroffen Berge der Ardennen. In Revin gings noch einmal steil hinauf in die Ortsmitte, Einkauf bei Lidl und eine steile Abfahrt später Ankunft am sehr schön und ruhig gelegenen Campingplatz schon 16:00 Uhr. Prima, denn heute war Waschtag.
Die Maasschleife
Tag 20: Revin - Waulsort, 63 km
Die Franzosen hatten in ihren Nationalfeiertag hinein gefeiert. Und das laut und genau vorm Campingplatz. Dafür konnten wir dann immerhin das schöne Feuerwerk bestaunen. Der Campingplatz war übrigens mit 30 € der teuerste auf der Tour bisher und das eigentlich zu Unrecht. Zum Frühstück um 07:30 Uhr war es schon richtig warm und das hieß, wie schon die letzten 2 Wochen würde es auch heute wieder über 30 °C werden. Die Route verlief auch heute wieder fast ausschließlich direkt an der Maas - also gibt es heute wieder viele Fotos vom Fluss ;-), der sich in großen Schleifen durch die Ardennen mäanderte. Die Berge entlang der Maas waren riesig und teilweise felsig, unterbrochen dies nur durch ein sich öffnendes Tal bei Vireux-Molhain. Dort gabs die erste Pause mit etwas Leckerem aus der Boulangerie. Mit einem ständigem Auf und Ab umrundeten wir auf einer großen Schleife das Kernkraftwerk EDF Nuclear Power Plant Chooz. Auf dem Weg nach Givet radelten wir direkt auf einen riesigen Steinbruch an einer Felswand am Maasufer zu. Wenig später tauchte vor uns die Festung Charlemont hoch über Givet auf. Die Stadt an der Maas war zusammen mit der Festung ein tolles Fotomotiv. In einem schattigen Biergarten gab es leckere Pasta - das war mal eine sehr chillige Pause. Hinter Givet wartete ein kräftiger Anstieg zu einem Bahnradweg auf uns. Oben angekommen überquerten wir ohne wirklichen Hinweis die Grenze zu Belgien. Das Land begrüßte uns mit schlechter Wegequalität, das konnte nur besser werden. Schon 15:30 Uhr Ankunft um unkonventionellen Hotel in Waulsort direkt an der Maas - chillen war angesagt.
Au Revoir Frankreich, Bonjour Belgien
Tag 21: Waulsort - Flemalle, 97 km
Nach dem schlechtesten Frühstück im schlechtesten Hotel konnten wir erst 09:30 Uhr starten. Schon auf den letzten Kilometern am Vortag hatten wir bemerkt: die Maas und die Städte und Dörfer waren in Belgien anders. Der Fluss war für die Schifffahrt ausgebaut und es gab große Schleusen. Die Orte waren belebter und teilweise schöner, dort und auf den Straßen im Tal war wesentlich mehr Verkehr. Die Radwege waren abschnittsweise extrem schlecht, dann aber auch wieder richtig gut. Die Strecke von heute glich der der Vortage: in großen Schleifen wandte sich die Maas durch die Ardennen. Die Wände der Berge wurden noch steiler, felsigen und schroffen. Erster Stopp in Dinant, die Kirche am Flussufer und die hoch darüber gelegene Festung waren ein dankbares Fotomotiv. Leider herrschte in der Stadt starker Autoverkehr, das war die vergangenen zwei Wochen anders und es sollte wohl fast den ganzen Tag so bleiben. Von Dinant bis Namur war die Strecke eigentlich schön, bis auf gelegentliche Kopfsteinpflastereinlagen auf dem Radweg. Von Namur sahen wir aus der Ferne erst einmal nur die Festung hoch über der Stadt. Die Altstadt hat uns echt überrascht: viele schöne und authentische alte Gebäude. Mittagspause mitten in der Altstadt in einer Kneipenmeile, die wirklich Flair hatte. Die restliche Strecke glänzte überwiegend durch riesige Industrieanlagen und viel Verkehr - Radfahren zum Abgewöhnen! Zwischendurch habe ich dann in 15 Minuten die Bremsbeläge bei Steffis Rad gewechselt, denn Steffi ist Weltmeister an der Bremse. Später tauchte die Festung von Huy vor uns auf. Beim Näherkommen erschien dahinter ein AKW, krasser können Gegensätze wohl kaum sein. Hinter der endete der Maasradweg an einer vierspurigen Straße im Nichts. Grund: eine Baustelle, Umleitung Fehlanzeige! Wir sind dann den halb fertigen Radweg weiter gefahren und mussten zum Glück nur eine niedrige Absperrung überwinden. Die verbleibenden Kilometer bis Flémalle waren auch kein Genuss: ob neben einer Schnellstraße oder Slalom durch Industriegebiete - schöne Radwege sehen wohl anders aus!
Ein Tag zum Abgewöhnen
Tag 22: Flémalle - Stein, 74 km
Demzufolge war auch die Strecke bis Lüttich (Liege) sehr unattraktiv. Der Radweg in die Innenstadt war katastrophal. Die Innenstadt selbst hat uns wirklich gut gefallen, außer dem Umstand, dass einfach zu viele Menschen unterwegs waren. ;-)Der Weg nach Maastricht gefiel uns abschnittsweise wieder besser, es gab weniger Industrie und dafür mehr Natur. Kurz vor der Grenze zu den Niederlanden passierten wie die riesige Mehrkammerschleuse am beeindruckenden Albertkanal. Weshalb man die Radfahrer auf dem Maas-Radweg in Maastricht die steilen Anstiege hoch zum Fort Sint Pieter und dann gleich wieder steil hinunter ins Zentrum schickt, haben wir nicht verstanden. In der Altstadt, die uns sehr gut gefallen hat, war wirklich viel los. Im extremen Gegensatz zum 30 km entfernten Lüttich, wo fast niemand Fahrrad fährt, waren hier natürlich ganz viele Menschen mit dem Rad unterwegs, denn wir waren schließlich in den Niederlanden. Die letzten 20 km bis zum Ziel in Stein forderten uns noch einmal richtig. Es ging noch einmal richtig bergauf, keine Ahnung, wer das geplant hat!?
Auf in die Niederlande
Tag 23: Stein - Helden, 72 km
Auf noch fast menschenleeren Radwegen starteten wir am Morgen auf dem Maasradweg. Die Route folgte heute eher großräumig der Maas. Heute war Sonntag und uns kam eine Gruppe Rennradfahrer nach der anderen entgegen. Später wurden die Wege teilweise richtig voll, in den Niederlanden fährt man eben Rad. Kein Wunder bei der tollen Infrastruktur. Bei Maasbracht kurzer Stopp an einer riesigen Vierkammerschleuse, später führte unsere Strecke an zwei großen Naherholungsgebieten vorbei. Die Vielzahl der deutschen Autokennzeichen hat uns erstaunt. Im schönen Zentrum von Roermond dann Mittagspause mit leckeren Burgern. Auch danach sahen wir die Maas nur ab und zu. Die Strecke führte zuerst am Deich und später auf kleinen Landstraßen durch die für die Niederlande so typischen kleinen gepflegten Dörfer. Bei Kessel überquerten wir mit der Fähre den Fluss. So viele Radfahrer haben wir in Deutschland noch nie auf einer Fähre gesehen! Irgendwann waren dann weniger Leute unterwegs und das Radeln wurde etwas "kuschliger". In Kessel dann der obligatorische Einkauf, das Angebot der Supermärkte in den Niederlanden ist echt gut, die Auswahl an Salaten ist phänomenal. Die letzten Kilometer bis zum Campingplatz vergingen wie im Flug. Heute erreichten wir unser Ziel schon 15:30 Uhr - viel Zeit zum Chillen. Der Campingplatz war einer von den kleinen privaten Plätzen, wie es viele in den Niederlanden gibt, sehr ruhig und entspannt. Was auch auf den Inhaber zutraf: die Rezeption war geschlossen, "Baut erst mal in Ruhe auf. Anmeldung machen wir später." Hab ich in Deutschland so noch nicht erlebt.
Unterwegs im Paradies für Radfahrer
Tag 24: Helden - Breedeweg, 89 km
Beim Frühstück konnten wir in aller Ruhe dem Erwachen des Campingplatzes zu schauen. Auf dem Platz campten ausschließlich Senioren, dementsprechend leise war es in der Nacht. Kurz nach 8 gings los, denn wir wussten: der Tag sollte sehr heiß werden. Auch heute folgten wir wieder in mehr oder weniger großem Abstand der Maas. Nach nicht einmal 10 km erreichen wir Venlo. Sicher nicht die allerschönste Stadt der Niederlande, aber ein paar schöne Straßenzüge gibt es auch hier. Hinter Arcen mit seinem schönen Wasserschloss ging es das erste Mal mit einer Fähre über den Fluss. Es sollte nicht das letzte Mal für heute sein, denn nur ein paar Kilometern weiter hieß es erneut mit einer Fähre übersetzen. Wenig später erreichen wir den Nationalpark Maasduinen, den mit 20 km längsten Binnendünnengürtel der Niederlande, geprägt durch Wälder, Heide, Moore, Seen und natürlich Dünen.An einer großen Düne im Wald fanden wir einen wunderbaren Pausenplatz. Ab hier entschieden uns für die Route durch den Wald, auch wenn die Wege nicht so super waren, schön war die Strecke allemal. Nach Fähre Nr. 3 haben wir mangels Einkehrmöglichkeiten in Vierlingsbeek im Supermarkt eingekauft und im Park davor im Schatten (mittlerweile waren es dort 32 °C) Siesta gemacht. Steffi hat das so sogar besser gefallen. Im Zickzack-Kurs folgten wir dann weiter der Maas. Die Devise lautete: im Schatten fahren und wenn das nicht geht, bloß nicht anhalten. Unter 10 km/h kühlte der Fahrtwind kaum noch. Irgendwann folgten dann Fähre Nr. 4 und es war wohl nicht immer die Maas, die wir überquerten, sondern mal ein Kanal oder ein Altarm. Heute sind wir also genau viermal mit der Fähre übergesetzt. Ich glaube, das ist unser Rekord für einen Tag. Vor Geneep haben wir die Stau- und Schleusenanlage Sluis Sambeek bestaunt, eine riesige Anlage mit 5 Schleusenkammern. Nach dem Einkauf im krass heruntergekühlten Lidl radelten wir an einem riesigen Naherholungsgebiet vorbei (zum Glück!) Und auch wenn die Niederlande kaum richtige Berge hat, wir hatten heute einen auf der Strecke: 2 km teils straff bergauf, wir konnten es selbst kaum glauben. Wenigstens fuhren wir im schattigen Wald, denn mittlerweile zeigte der Radcomputer 36 °C. Kurz vorm Ziel dann noch eine schöne Sandpiste und 18 Uhr endlich Ankunft auf dem Minicampingplatz in der Mooker Heide.
Vier mal mit der Fähre über den Fluss
Tag 25: Breedeweg - Veen, 107 km
Heute sollte der heißeste Tag des Jahres werden. Also sind wir mit den Hühnern aufgestanden, nämlich um 5 Uhr. Nach dem Frühstück in totaler Ruhe gings kurz nach 7 Uhr los. Bei angenehmen 21 °C radelten wir zurück zur Maas, also erst mal den Berg hinunter, den wir gestern hoch gestrampelt sind. Durch kleine verschlafene Dörfer erreichten wir den Fluss und folgten diesem meist auf dem Deich. Erste Pause nach 44 km im Dörfchen Megen. Mal auf dem Deich, mal daneben blieb der breite Strom unser Begleiter. Die Abschnitte abseits des Flusses waren bei der erbarmungslosen Hitze die angenehmsten, denn wir radelten häufig im Schatten. An einer weiteren großen Schleuse vorbei näherten wir uns Den Bosch. Der Abstecher zu der großen Provinzhauptstadt zog sich wie Kaugummi bei diesen hohen Temperaturen. Irgendwie kamen wir der Stadt nicht näher, denn die Beschilderung narrte uns mit widersprüchlichen Entfernungsangaben. Im Zentrum von Den Bosch hatten wir 12:30 Uhr schon unfassbare 81 km geschafft. Nach Pasta beim Italiener haben wir uns den schönen Marktplatz und die Sint-Jans-Kathedrale angesehen. Letztere war von Außen groß und beeindruckend und von innen dominiert durch die monumentale Orgel. Weiter gings quer durch das Land nach Veen. Die Temperaturanzeige des Radcomputers zeigte mittlerweile 40 °C. Also Einkauf und "Herunterkühlen" im Jumbo und dann endlich angekommen auf dem kleinsten Campingplatz der Tour. Dieser lag direkt am Wasser und wir sind tatsächlich mal Baden gegangen. Kaum zu fassen, dass wir bei der Hitze 105 km gefahren sind.
Hitzeschlacht
Tag 26: Venn - Rotterdam, 71 km
Alles außer den vielen Wasservögeln schlief noch auf dem Campingplatz, als wir 5 Uhr aufgestanden sind. Nach dem Frühstück mit Blick auf die Maas starteten wir auf dem Deich nach Rotterdam. Von hier oben hatten wir einen guten Blick auf die tieferliegenden Dörfer, die an uns vorüberzogen. Überhaupt ist das Radfahren in der Früh etwas Besonderes: oft herrscht noch Stille und die erwachende Natur nimmt man intensiver wahr. In Woudrichem sind wir durch den historischen Ortskern geradelt. Die ehemalige Festungsstadt hat den gleichen Charme wie viele Orte in den Niederlanden, aber hier stand eine große Windmühle mitten im Ort. Hinter Werkendam fuhren wir durch das Naturschutzgebiet Biesbosch. Riesige Polderflächen boten Lebensraum für unzählige Wasservögel. Wenig später kamen wir in Dortrecht an. Nach der Mittagspause beim Asiaten sahen wir uns die schöne Altstadt an und unweit der beeindruckenden Grote Kerk setzten wir mit dem Wassertaxi über (keine Ahnung worüber, wie hatten bei der Vielzahl von Kanälen und Flüssen den Überblick verloren). Auf dem Weg nach Rotterdam sind wir durch einige Städte mit Vorstadtcharakter gekommen. Diese sind geprägt von großen Plattenbauten, die allerdings nicht alle gleich aussehen. Das taten dagegen die vielen vielen Reihenhäuser. Im Bauen von Reihenhäusern sind die Niederländer wahrscheinlich Weltmeister. Dank der genialen Radweg-Infrastruktur rollten wir problemlos durch die großen Vororte bis ins Zentrum von Rotterdam. Vorbei an schicken Hochhäusern rollten wir auf der beeindruckenden Erasmusbrücke über die Niewe Maas zum Alten Hafen. Hier liegen alte Schiffe, stehen alte Hafenkräne vor der modernen Kulisse aus Glas und Beton. Im Zentrum besuchten wir die Kathedrale, die so groß war wie viele Kirchen auf unserer Tour. Unser Highlight aber war die Markthalle: außen Wohnungen, auch oben! Und innen Verkaufsstände mit lauter Spezialitäten. Die Wand- und Deckengestaltung ist bunt und einfach nur schön.
Auf nach Rotterdam
Tag 27: Rotterdam - Haarlem, 79 km
Nach einer erholsamen Nacht in unserem schönen Hotelzimmer (mit riesigem Flatscreen und Bluetooth-Audiosystem!) begann es pünktlich zum Start zu regnen. Durch den hektischen Berufsverkehr wuselten wir zum Stadtrand. An einem der vielen Kanäle gings dann in Richtung Küste und es wurde allmählich ruhiger. Nach 15 km erreichten wir Delft. Erstaunlich, wie groß die Gewerbe- bzw. Industriegebiete vieler Städte in den Niederlanden sind. Und durch diese mussten wir meist hindurch. Mit dem Rad ein zweifelhaftes Vergnügen - so auch in Delft. Die Altstadt hat uns dafür wieder einmal geflasht. Die riesige Oude Kerk überragt das sehenswerte Ensemble aus Häusern und Kanälen und man findet fast an jeder Ecke interessante Fotomotive. Der Regen war gnädig und ließ etwas nach, also schossen wir trotz des grauen Himmels einige Fotos in Delft. Keine 10 km entfernt liegt Den Haag. Auf dem Weg dorthin schüttete es phasenweise wie aus Kannen. Mehr als ein Fotostopp am Friedenspalast war leider nicht drin. Die Mittagspause bei Subway neben dem großen Hauptbahnhof von Den Haag haben wir genutzt, um mal etwas trocken zu werden und ein Hotel zu buchen, denn es sollte bis abends weiter regnen. Noch 55 km bis Haarlem. Hinter Den Haag führte unsere Route zur Nordseeküste. Der Weg durch die Dünen war einfach nur schön und erinnerte uns sehr an Dänemark. Heute war das Ganze zeitweise eine Herausforderung: starker Wind von vorn kostete in der sehr hügligen Dünenlandschaft viel Kraft. Kam der Wind in offenem Gelände von der Seite, hatten wir Mühe, auf dem Weg zu bleiben. Bei Noordwijkerhout radelten wir durch ein Wildreservat und bei einer Pause stand plötzlich ein Hirsch auf dem Radweg. Die Tiere waren offenbar an den Menschen gewöhnt und kaum scheu. In der Rush Hour kämpften wir uns bei nachlassendem Regen dem Ziel entgegen. Auch Haarlem wird von einer großen Kirche im Zentrum der schönen Altstadt dominiert. Direkt daneben lag unser kleines Hotel mit winzigem Zimmern (9 qm!). Auf dem Weg zum Fietsstalling (übersetzt Fahrradschuppen, also ein Parkhaus für Fahrräder) noch ein paar Fotos gemacht und dann war 18 Uhr endlich chillen angesagt.
Im Dauerregen zur Nordseeküste
Tag 28: Haarlem - Wieringerwaart, 92 km
Nach dem guten Frühstück folgte dank Google Maps Navigation zur Windmühle De Adriaan eine unfreiwillige Stadtrundfahrt - ich hasse Google Maps!Aus 500 m wurden eben mal 2,5 km. Die Fahrt aus Haarlem heraus dauerte eine Weile, die Stadt war größer als erwartet. Aber irgendwann wurde es ruhiger und wir radelten sehr entspannt durch die hügelige schöne Landschaft eines Naherholungsgebietes. In Ijmuiden überquerten wir den Noordzeekanaal mit einer kostenlosen Fähre. Danach folgte eine wunderbare Strecke durch die Dünenlandschaft der Nordseeküste. Einzig die schlechte Oberfläche des Radweges trübte das Ganze etwas. Oberhalb von Wijk an Zee war eine gute Gelegenheit, an den Strand zu laufen, der bis dahin immer von Dünen verdeckt war. Das kühle Wetter zog wohl nur wenige Menschen ans Meer, also waren wir und die See fast unter uns. Bei Egmond aan Zee bogen wir nach Alkmaar ab. In der Stadt war alles unterwegs, was Beine hat. Die von Kanälen durchzogene Altstadt war absolut sehenswert: das Rathaus, die Grote Sint Laurentskirk oder das Käsemuseum. Wenn man denn vor lauter Menschen mal freien Blick darauf hatte. Einige Straßenmusiker wetteiferten um die Gunst des sie ignorierenden Publikums. Und da sie dies fast nebeneinander taten, wurde daraus eine Kakofonie. Nördlich von Alkmaar gings auf schönen Wegen durch Wald und Dünen. In Schagen späte Kaffeepause nach dem Einkauf und dann waren nur noch 10 km über plattes Land zum Minicampingplatz am Bauernhof, Ankunft 19 Uhr - späteste der Tour.
Durch die Dünen
Tag 29: Wieringerwaart - Moddergat,101 km
Auf dem Minicampingplatz beim Bauern haben wir gut geschlafen, ruhig war es, einzig die Kühe im Stall nebenan waren zu hören. Zuerst gings in 22 km entfernte Den Oever, hier beginnt der 36,5 km lange Damm über das Ijsselmeer. Nach einer kurzen Pause wollten wir den Damm in Angriff nehmen. Nach 300 m dann der Schock: der Radweg auf dem Damm war ohne Hinweis auf eine Umleitung gesperrt. Ein freundlicher Holländer brachte uns zum Busshuttle, der uns kostenlos über 2/3 des Damms fuhr. Im Bus kamen wir mit anderen Reiseradlern ins Gespräch. Die Fahrt verging durch die interessante Unterhaltung wie im Flug.Die restlichen 12 km auf dem Damm radelten wir dann selbst und erreichten die friesische Küstenstadt Harlingen. Nach der Mittagspause beim Chinesen drehten wir noch eine Runde durch das schöne Stadtzentrum. Auf der Route nach Norden fuhren wir überwiegend am oder vor dem Deich. Besonders schön war es vor dem Deich durch den fantastischen Blick auf das Wattenmeer, den blauen Himmel und die Küstenlinie. Außerdem herrschte oft totale Stille, einzig die Laute der Wasservögel waren zu hören. In Holwerd Stopp für den obligatorischen Einkauf und eine kurze Kaffeepause. Der nächste Campingplatz lag 5 km entfernt. Bei der Ankunft mussten wir feststellen, dass dieser nicht unseren Vorstellungen entsprach. Kurzer Blick in Google Maps und nach weiteren 11 km erreichten wir Moddergat und einen viel schöneren Campingplatz.
Über das Ijsselmeer
Tag 30 Moddergard - Groningen, 89 km
Die nächtliche Ruhe auf dem idyllischen Minicampingplatz wurde nur durch einen nachtaktiven Vogel unterbrochen, der sich wohl vorgenommen hatte, uns mit seinem nervtötenden Ton zu terrorisieren. Nach dem Frühstück war es vom Dorf Moddergat nicht weit zum Deich. Hier war erst einmal Zelttrocknen angesagt, bei Sonne und kräftigem Wind eine Sache von wenigen Minuten. Du musst nur aufpassen, dass du mit dem Zelt nicht abhebt. Dem Nordseeküstenradweg - in den Niederlanden Küstenroute - folgten wir bis Lauwersoog. Vor dem dortigen Sperrwerk hieß es dann Abschied von der Nordsee nehmen. Nach einem letzten wehmütigen Blick auf das Wattenmeer bei Flut radelten wir ab hier ins Landesinnere in Richtung Groningen. Die ersten Kilometer führten uns durch einen großen Truppenübungsplatz, Panzer haben wir nicht gesichtet - schade! Danach näherten wir uns im Zickzack-Kurs dem Ziel. Dabei durchfuhren wir kleine verschlafene Dörfer und querten einige Kanäle, echte Highlights fehlten aber. Die Fahrt ins Zentrum von Groningen war noch einmal sehr entspannt, am Ufer von Kanälen gings bis zum Reitdiephaven. Bei der Mittagspause dort hatten wir einen tollen Blick auf die farbigen Holzfassaden der Häuser am Ufer. Im Zentrum angekommen war ich ein bisschen enttäuscht, ich hatte mir Groningen ähnlich wie das schöne Haarlem vorgestellt. Steffi dagegen fand die Innenstadt schön. Der Grote Markt steht für mich dabei exemplarisch für das Nebeneinander von Alt und Neu oder auch von schön und hässlich. Die große Martinikerk steht neben modernen Gebäuden, über deren Äußeres man sicher verschiedener Meinung sein kann. Am Grote Markt wurde in einem Biergarten der Formel 1 GP in Frankreich übertragen. Und was stand dort? Ein RedBull Formel 1 Bolide!
Kampf gegen den Wind
Tag 15: Nancy - Metz,103 km
Die Fahrt am Morgen durch Nancy zur Mosel war kein Problem. Der Zustand der Radwege allerdings schon. Nach wenigen Kilometern sind wir wohl einmal falsch abgebogen und ungefähr 13 Kilometer und die falsche Richtung gefahren. Also wieder zurück, um dann doch an der Mosel entlang zu radeln. Das hat uns über eine Stunde gekostet, dafür war die Strecke wunderschön. Anfangs hat die Route entlang der Mosel nicht so viel Spaß gemacht. Viel Industrie. Viel Verkehr. Und die Autobahn im Moseltal. In Custines dann die Mittagspause in einer Pizzeria. Mit Englisch ist es in Frankreich leider sehr schlecht, das versteht hier fast keiner. Die Pizza war super lecker und man war sehr freundlich, aber wir hatten noch immer 58 Kilometer vor uns. Allmählich wurde die Strecke landschaftlich schöner und es gab auch mal schattige Passagen. Immerhin war die 30 Grad Marke heute wieder gefallen. Trotz des unfreiwilligen Umweges waren wir dann doch schon kurz nach 16:00 Uhr in Metz. Natürlich haben wir uns die wundervolle Kathedrale und die Innenstadt angeschaut. Auch ein Abstecher zum Porte des Allemands haben wir noch unternommen. Kurz nach 18 Uhr dann endlich im Hotel eingecheckt und erst mal lange geduscht. Unser Hotel lag direkt gegenüber der Kathedrale. Also sind wir am Abend noch einmal in die Altstadt und haben zufällig eine fantastische Lightshow an der Kathedrale erlebt, unfassbar geil!
An der Moselle nach Metz
Frankreich: unser Fazit
Das Elsaß hat unsere Erwartungen absolut übertroffen. Wunderschöne authentische Städte und Dörfer und die wunderbare Landschaft der Vogesen mit den vielen Weinbergen zum Rhein hin. Besonders überrascht hat uns die Freundlichkeit der Elsässer, meistens wurden wir sogar noch im kleinsten Dorf freundlich gegrüßt. Die Highlights waren natürlich Straßbourg und Colmar, wobei uns Colmar, obwohl kleiner, besser gefallen hat. Auf unserem Weg zur Maas lagen Nancy und Metz. In beiden Städten war das Zentrum wirklich sehenswert, besonders beeindruckt hat uns die Kathedrale in Metz. Auf dem Weg in die Ardennen waren die Orte oft nicht mehr so bilderbuchmäßig schön wie im Elsaß. Unser Eindruck war eher zwiespältig: schöne Innenstädte wechselten sich ab mit hässlichen Vororten. Oder auch: schöne Häuser und Grundstücke grenzten an herunter gekommene und verwahrloste Gebäude. Viele Ortschaften versprühen einen spröden Charme und zeigen ihre Schönheit oft erst auf den zweiten Blick. Auch die Menschen begegneten uns hier anders. Sie sind viel zurückhaltender und manchmal schon etwas unfreundlich. Die Landschaft der Maas ist wunderschön, besonders auf ihrem Weg durch die hohen, schroffen Berge der Ardennen. Essen gehen war in Frankreich für uns manchmal problematisch. Da wären: die Sprachbarriere bei den Speisekarten, die hohen Preise bzw. das schlechte Preis-Leistungs-Verhältnis und das ab 14:00 Uhr alles zu hat. Thema Radwege Infrastruktur: im Elsaß super, später gings häufig auf Straßen ohne Radweg, die kleinen Landstraßen waren häufig sehr schlecht, an der Maas über lange Strecken richtig super. Die Rücksicht der Autofahrer war ebenfalls sehr unterschiedlich ausgeprägt. Die Bandbreite der Campingplätze war groß, von sehr gut bis geht gerade noch so. Einkaufen ist im Prinzip ähnlich wie in Deutschland. Abgepacktes Brot, Kräuterquark oder Frischmilch sind oft nicht erhältlich. Zur Verständigung in Frankreich: Wir hatten vorher gelesen, dass man hier mit Englisch oft nicht weiter kommt. Leider hat sich das bestätigt. Ob in Hotels, Campingplätzen, im Restaurant oder im Supermarkt: häufig verstand man kein Wort Englisch. Besonders erstaunt hat uns, dass selbst junge Franzosen kein Englisch sprechen. Allerdings waren die Menschen fast immer sehr freundlich und bemüht uns weiterzuhelfen.
Trotz des lauten Rauschens des Wehrs der Maas haben wir gut geschlafen. Nach dem Frühstück bei milden 13 °C stand eine Etappe fast ausschließlich auf Straßen bevor, und: heute sollte es durch die Ardennen gehen! Das hört sich nach reichlich Höhenmetern an. Aber der Reihe nach. Die erste längere Steigung zum Aufwärmen erwartete uns kurz nach dem Start. Auf wenig befahrenen, aber oft schlechten Landstraßen folgten wir mit großem Abstand zur Maas dem Tal. Den Fluss bekamen wir heute nur selten zu Gesicht. In Sassey-sur-Meuse bogen wir auf fast leere kleine Straßen ab. Am Berghang oberhalb des Dorfes lag die wunderschöne Kirche Notre-Dame - so heißt hier jede 2. Kirche : -) Wenig später konnten wir dann mal wieder etwas für unsere Fitness tun: ein kräftiger Anstieg nach dem anderen war zu bewältigen. Lohn der Mühe: wunderbare Aussichten auf die schöne hügelige Landschaft an Tal der Maas. Gegen 13 Uhr erreichen wir das direkt an der Maas liegende Städtchen Mouzon. Die beeindruckende Abteikirche Notre-Dame dominiert den Ortskern. Nach der Besichtigung wollten wir etwas essen. Die wenigen Restaurants hatten geschlossen. Das hatten wir in der ersten Stadt nach mehr als 60 km nicht erwartet. Zum Glück gibt es in Frankreich aber in vielen Orten eine Boulangerie. Dort gab es leckere Pizzastücke, das hat uns gerettet. Ganz nebenbei hatten wir heute Mittag Halbzeit unserer Tour ;-) Hinter Mouzon durften wir nach 70 km endlich die Straßen verlassen und radelten bis Sedan am Maas-Kanal. Unser heutiges Ziel Sedan hinterließ bei uns einen zwiespältigen Eindruck, wie etliche Städte auf unsere Route in Frankreich. Die riesige Festung ist wirklich beeindruckend. Die quirlige Innenstadt ist irgendetwas zwischen schön und hässlich, auf jeden Fall aber typisch französisch.
Die Ardennen warten
Tag 19: Sedan - Revin, 71 km
Das Hotel in Sedan hatte das kleinste Zimmer, das man sich vorstellen kann, na ja. Aus der Stadt heraus ging es fix, auch wenn der Autobahnzubringer keinen Radweg hatte. Heute fuhren wir die ersten 23 km am Canal de Ardenes, klasse Strecke, ruhig und super Asphalt. Schon 10:30 Uhr erreichten wir Charleville-Mezieres. Die Kirche Saint Remis war wieder eine von den beeindruckenden Sakralbauten in Frankreich. Der Place Ducale war vollständig mit 27 weitgehend einheitlichen dreigeschossigen Backsteingebäuden umbaut. Das Ganze wirkte wie ein großer Palast - einfach wunderschön. Der Platz selbst war schon vorbereitet für die Feiern zum Nationalfeiertag am 14.07. Nach der Stadt folgte unsere Route wieder der Maas, die sich durch die hohen Berge der Ardennen schlängelte. Landschaftlich ein wunderbares Stück Maasradweg. Unterwegs tauchten immer mal wieder Bunker neben der Strecke auf. Dem Aussehen nach waren es Wehrmachtsbunker aus dem 2. Weltkrieg. In Bogny-sur-Meuse gab es dann ausnahmsweise zur Mittagszeit auch Mittagessen. Stefanie hat mal Panini probiert, mir hat es geschmeckt, Stefanie nicht so. Nächster Stopp wenige Kilometer weiter in Montherme. Der Ort liegt an einer großen Maasschleife und die wollten wir von oben sehen. Der Aussichtspunkt war nur 500 m entfernt, leider auch 150 m höher. Also sind wir bei 35 °C den steilen Weg hochgekraxelt, was für eine Plackerei. Aber: der Ausblick war es wert. Die letzten 21 km bis zum Ziel in Revin radelten wir mal am Fluss, mal am Kanal und bestaunten dabei die hohen schroffen Berge der Ardennen. In Revin gings noch einmal steil hinauf in die Ortsmitte, Einkauf bei Lidl und eine steile Abfahrt später Ankunft am sehr schön und ruhig gelegenen Campingplatz schon 16:00 Uhr. Prima, denn heute war Waschtag.
Die Maasschleife
Tag 20: Revin - Waulsort, 63 km
Die Franzosen hatten in ihren Nationalfeiertag hinein gefeiert. Und das laut und genau vorm Campingplatz. Dafür konnten wir dann immerhin das schöne Feuerwerk bestaunen. Der Campingplatz war übrigens mit 30 € der teuerste auf der Tour bisher und das eigentlich zu Unrecht. Zum Frühstück um 07:30 Uhr war es schon richtig warm und das hieß, wie schon die letzten 2 Wochen würde es auch heute wieder über 30 °C werden. Die Route verlief auch heute wieder fast ausschließlich direkt an der Maas - also gibt es heute wieder viele Fotos vom Fluss ;-), der sich in großen Schleifen durch die Ardennen mäanderte. Die Berge entlang der Maas waren riesig und teilweise felsig, unterbrochen dies nur durch ein sich öffnendes Tal bei Vireux-Molhain. Dort gabs die erste Pause mit etwas Leckerem aus der Boulangerie. Mit einem ständigem Auf und Ab umrundeten wir auf einer großen Schleife das Kernkraftwerk EDF Nuclear Power Plant Chooz. Auf dem Weg nach Givet radelten wir direkt auf einen riesigen Steinbruch an einer Felswand am Maasufer zu. Wenig später tauchte vor uns die Festung Charlemont hoch über Givet auf. Die Stadt an der Maas war zusammen mit der Festung ein tolles Fotomotiv. In einem schattigen Biergarten gab es leckere Pasta - das war mal eine sehr chillige Pause. Hinter Givet wartete ein kräftiger Anstieg zu einem Bahnradweg auf uns. Oben angekommen überquerten wir ohne wirklichen Hinweis die Grenze zu Belgien. Das Land begrüßte uns mit schlechter Wegequalität, das konnte nur besser werden. Schon 15:30 Uhr Ankunft um unkonventionellen Hotel in Waulsort direkt an der Maas - chillen war angesagt.
Au Revoir Frankreich, Bonjour Belgien
Tag 21: Waulsort - Flemalle, 97 km
Nach dem schlechtesten Frühstück im schlechtesten Hotel konnten wir erst 09:30 Uhr starten. Schon auf den letzten Kilometern am Vortag hatten wir bemerkt: die Maas und die Städte und Dörfer waren in Belgien anders. Der Fluss war für die Schifffahrt ausgebaut und es gab große Schleusen. Die Orte waren belebter und teilweise schöner, dort und auf den Straßen im Tal war wesentlich mehr Verkehr. Die Radwege waren abschnittsweise extrem schlecht, dann aber auch wieder richtig gut. Die Strecke von heute glich der der Vortage: in großen Schleifen wandte sich die Maas durch die Ardennen. Die Wände der Berge wurden noch steiler, felsigen und schroffen. Erster Stopp in Dinant, die Kirche am Flussufer und die hoch darüber gelegene Festung waren ein dankbares Fotomotiv. Leider herrschte in der Stadt starker Autoverkehr, das war die vergangenen zwei Wochen anders und es sollte wohl fast den ganzen Tag so bleiben. Von Dinant bis Namur war die Strecke eigentlich schön, bis auf gelegentliche Kopfsteinpflastereinlagen auf dem Radweg. Von Namur sahen wir aus der Ferne erst einmal nur die Festung hoch über der Stadt. Die Altstadt hat uns echt überrascht: viele schöne und authentische alte Gebäude. Mittagspause mitten in der Altstadt in einer Kneipenmeile, die wirklich Flair hatte. Die restliche Strecke glänzte überwiegend durch riesige Industrieanlagen und viel Verkehr - Radfahren zum Abgewöhnen! Zwischendurch habe ich dann in 15 Minuten die Bremsbeläge bei Steffis Rad gewechselt, denn Steffi ist Weltmeister an der Bremse. Später tauchte die Festung von Huy vor uns auf. Beim Näherkommen erschien dahinter ein AKW, krasser können Gegensätze wohl kaum sein. Hinter der endete der Maasradweg an einer vierspurigen Straße im Nichts. Grund: eine Baustelle, Umleitung Fehlanzeige! Wir sind dann den halb fertigen Radweg weiter gefahren und mussten zum Glück nur eine niedrige Absperrung überwinden. Die verbleibenden Kilometer bis Flémalle waren auch kein Genuss: ob neben einer Schnellstraße oder Slalom durch Industriegebiete - schöne Radwege sehen wohl anders aus!
Ein Tag zum Abgewöhnen
Tag 22: Flémalle - Stein, 74 km
Demzufolge war auch die Strecke bis Lüttich (Liege) sehr unattraktiv. Der Radweg in die Innenstadt war katastrophal. Die Innenstadt selbst hat uns wirklich gut gefallen, außer dem Umstand, dass einfach zu viele Menschen unterwegs waren. ;-)Der Weg nach Maastricht gefiel uns abschnittsweise wieder besser, es gab weniger Industrie und dafür mehr Natur. Kurz vor der Grenze zu den Niederlanden passierten wie die riesige Mehrkammerschleuse am beeindruckenden Albertkanal. Weshalb man die Radfahrer auf dem Maas-Radweg in Maastricht die steilen Anstiege hoch zum Fort Sint Pieter und dann gleich wieder steil hinunter ins Zentrum schickt, haben wir nicht verstanden. In der Altstadt, die uns sehr gut gefallen hat, war wirklich viel los. Im extremen Gegensatz zum 30 km entfernten Lüttich, wo fast niemand Fahrrad fährt, waren hier natürlich ganz viele Menschen mit dem Rad unterwegs, denn wir waren schließlich in den Niederlanden. Die letzten 20 km bis zum Ziel in Stein forderten uns noch einmal richtig. Es ging noch einmal richtig bergauf, keine Ahnung, wer das geplant hat!?
Auf in die Niederlande
Tag 23: Stein - Helden, 72 km
Auf noch fast menschenleeren Radwegen starteten wir am Morgen auf dem Maasradweg. Die Route folgte heute eher großräumig der Maas. Heute war Sonntag und uns kam eine Gruppe Rennradfahrer nach der anderen entgegen. Später wurden die Wege teilweise richtig voll, in den Niederlanden fährt man eben Rad. Kein Wunder bei der tollen Infrastruktur. Bei Maasbracht kurzer Stopp an einer riesigen Vierkammerschleuse, später führte unsere Strecke an zwei großen Naherholungsgebieten vorbei. Die Vielzahl der deutschen Autokennzeichen hat uns erstaunt. Im schönen Zentrum von Roermond dann Mittagspause mit leckeren Burgern. Auch danach sahen wir die Maas nur ab und zu. Die Strecke führte zuerst am Deich und später auf kleinen Landstraßen durch die für die Niederlande so typischen kleinen gepflegten Dörfer. Bei Kessel überquerten wir mit der Fähre den Fluss. So viele Radfahrer haben wir in Deutschland noch nie auf einer Fähre gesehen! Irgendwann waren dann weniger Leute unterwegs und das Radeln wurde etwas "kuschliger". In Kessel dann der obligatorische Einkauf, das Angebot der Supermärkte in den Niederlanden ist echt gut, die Auswahl an Salaten ist phänomenal. Die letzten Kilometer bis zum Campingplatz vergingen wie im Flug. Heute erreichten wir unser Ziel schon 15:30 Uhr - viel Zeit zum Chillen. Der Campingplatz war einer von den kleinen privaten Plätzen, wie es viele in den Niederlanden gibt, sehr ruhig und entspannt. Was auch auf den Inhaber zutraf: die Rezeption war geschlossen, "Baut erst mal in Ruhe auf. Anmeldung machen wir später." Hab ich in Deutschland so noch nicht erlebt.
Unterwegs im Paradies für Radfahrer
Tag 24: Helden - Breedeweg, 89 km
Beim Frühstück konnten wir in aller Ruhe dem Erwachen des Campingplatzes zu schauen. Auf dem Platz campten ausschließlich Senioren, dementsprechend leise war es in der Nacht. Kurz nach 8 gings los, denn wir wussten: der Tag sollte sehr heiß werden. Auch heute folgten wir wieder in mehr oder weniger großem Abstand der Maas. Nach nicht einmal 10 km erreichen wir Venlo. Sicher nicht die allerschönste Stadt der Niederlande, aber ein paar schöne Straßenzüge gibt es auch hier. Hinter Arcen mit seinem schönen Wasserschloss ging es das erste Mal mit einer Fähre über den Fluss. Es sollte nicht das letzte Mal für heute sein, denn nur ein paar Kilometern weiter hieß es erneut mit einer Fähre übersetzen. Wenig später erreichen wir den Nationalpark Maasduinen, den mit 20 km längsten Binnendünnengürtel der Niederlande, geprägt durch Wälder, Heide, Moore, Seen und natürlich Dünen.An einer großen Düne im Wald fanden wir einen wunderbaren Pausenplatz. Ab hier entschieden uns für die Route durch den Wald, auch wenn die Wege nicht so super waren, schön war die Strecke allemal. Nach Fähre Nr. 3 haben wir mangels Einkehrmöglichkeiten in Vierlingsbeek im Supermarkt eingekauft und im Park davor im Schatten (mittlerweile waren es dort 32 °C) Siesta gemacht. Steffi hat das so sogar besser gefallen. Im Zickzack-Kurs folgten wir dann weiter der Maas. Die Devise lautete: im Schatten fahren und wenn das nicht geht, bloß nicht anhalten. Unter 10 km/h kühlte der Fahrtwind kaum noch. Irgendwann folgten dann Fähre Nr. 4 und es war wohl nicht immer die Maas, die wir überquerten, sondern mal ein Kanal oder ein Altarm. Heute sind wir also genau viermal mit der Fähre übergesetzt. Ich glaube, das ist unser Rekord für einen Tag. Vor Geneep haben wir die Stau- und Schleusenanlage Sluis Sambeek bestaunt, eine riesige Anlage mit 5 Schleusenkammern. Nach dem Einkauf im krass heruntergekühlten Lidl radelten wir an einem riesigen Naherholungsgebiet vorbei (zum Glück!) Und auch wenn die Niederlande kaum richtige Berge hat, wir hatten heute einen auf der Strecke: 2 km teils straff bergauf, wir konnten es selbst kaum glauben. Wenigstens fuhren wir im schattigen Wald, denn mittlerweile zeigte der Radcomputer 36 °C. Kurz vorm Ziel dann noch eine schöne Sandpiste und 18 Uhr endlich Ankunft auf dem Minicampingplatz in der Mooker Heide.
Vier mal mit der Fähre über den Fluss
Tag 25: Breedeweg - Veen, 107 km
Heute sollte der heißeste Tag des Jahres werden. Also sind wir mit den Hühnern aufgestanden, nämlich um 5 Uhr. Nach dem Frühstück in totaler Ruhe gings kurz nach 7 Uhr los. Bei angenehmen 21 °C radelten wir zurück zur Maas, also erst mal den Berg hinunter, den wir gestern hoch gestrampelt sind. Durch kleine verschlafene Dörfer erreichten wir den Fluss und folgten diesem meist auf dem Deich. Erste Pause nach 44 km im Dörfchen Megen. Mal auf dem Deich, mal daneben blieb der breite Strom unser Begleiter. Die Abschnitte abseits des Flusses waren bei der erbarmungslosen Hitze die angenehmsten, denn wir radelten häufig im Schatten. An einer weiteren großen Schleuse vorbei näherten wir uns Den Bosch. Der Abstecher zu der großen Provinzhauptstadt zog sich wie Kaugummi bei diesen hohen Temperaturen. Irgendwie kamen wir der Stadt nicht näher, denn die Beschilderung narrte uns mit widersprüchlichen Entfernungsangaben. Im Zentrum von Den Bosch hatten wir 12:30 Uhr schon unfassbare 81 km geschafft. Nach Pasta beim Italiener haben wir uns den schönen Marktplatz und die Sint-Jans-Kathedrale angesehen. Letztere war von Außen groß und beeindruckend und von innen dominiert durch die monumentale Orgel. Weiter gings quer durch das Land nach Veen. Die Temperaturanzeige des Radcomputers zeigte mittlerweile 40 °C. Also Einkauf und "Herunterkühlen" im Jumbo und dann endlich angekommen auf dem kleinsten Campingplatz der Tour. Dieser lag direkt am Wasser und wir sind tatsächlich mal Baden gegangen. Kaum zu fassen, dass wir bei der Hitze 105 km gefahren sind.
Hitzeschlacht
Tag 26: Venn - Rotterdam, 71 km
Alles außer den vielen Wasservögeln schlief noch auf dem Campingplatz, als wir 5 Uhr aufgestanden sind. Nach dem Frühstück mit Blick auf die Maas starteten wir auf dem Deich nach Rotterdam. Von hier oben hatten wir einen guten Blick auf die tieferliegenden Dörfer, die an uns vorüberzogen. Überhaupt ist das Radfahren in der Früh etwas Besonderes: oft herrscht noch Stille und die erwachende Natur nimmt man intensiver wahr. In Woudrichem sind wir durch den historischen Ortskern geradelt. Die ehemalige Festungsstadt hat den gleichen Charme wie viele Orte in den Niederlanden, aber hier stand eine große Windmühle mitten im Ort. Hinter Werkendam fuhren wir durch das Naturschutzgebiet Biesbosch. Riesige Polderflächen boten Lebensraum für unzählige Wasservögel. Wenig später kamen wir in Dortrecht an. Nach der Mittagspause beim Asiaten sahen wir uns die schöne Altstadt an und unweit der beeindruckenden Grote Kerk setzten wir mit dem Wassertaxi über (keine Ahnung worüber, wie hatten bei der Vielzahl von Kanälen und Flüssen den Überblick verloren). Auf dem Weg nach Rotterdam sind wir durch einige Städte mit Vorstadtcharakter gekommen. Diese sind geprägt von großen Plattenbauten, die allerdings nicht alle gleich aussehen. Das taten dagegen die vielen vielen Reihenhäuser. Im Bauen von Reihenhäusern sind die Niederländer wahrscheinlich Weltmeister. Dank der genialen Radweg-Infrastruktur rollten wir problemlos durch die großen Vororte bis ins Zentrum von Rotterdam. Vorbei an schicken Hochhäusern rollten wir auf der beeindruckenden Erasmusbrücke über die Niewe Maas zum Alten Hafen. Hier liegen alte Schiffe, stehen alte Hafenkräne vor der modernen Kulisse aus Glas und Beton. Im Zentrum besuchten wir die Kathedrale, die so groß war wie viele Kirchen auf unserer Tour. Unser Highlight aber war die Markthalle: außen Wohnungen, auch oben! Und innen Verkaufsstände mit lauter Spezialitäten. Die Wand- und Deckengestaltung ist bunt und einfach nur schön.
Auf nach Rotterdam
Tag 27: Rotterdam - Haarlem, 79 km
Nach einer erholsamen Nacht in unserem schönen Hotelzimmer (mit riesigem Flatscreen und Bluetooth-Audiosystem!) begann es pünktlich zum Start zu regnen. Durch den hektischen Berufsverkehr wuselten wir zum Stadtrand. An einem der vielen Kanäle gings dann in Richtung Küste und es wurde allmählich ruhiger. Nach 15 km erreichten wir Delft. Erstaunlich, wie groß die Gewerbe- bzw. Industriegebiete vieler Städte in den Niederlanden sind. Und durch diese mussten wir meist hindurch. Mit dem Rad ein zweifelhaftes Vergnügen - so auch in Delft. Die Altstadt hat uns dafür wieder einmal geflasht. Die riesige Oude Kerk überragt das sehenswerte Ensemble aus Häusern und Kanälen und man findet fast an jeder Ecke interessante Fotomotive. Der Regen war gnädig und ließ etwas nach, also schossen wir trotz des grauen Himmels einige Fotos in Delft. Keine 10 km entfernt liegt Den Haag. Auf dem Weg dorthin schüttete es phasenweise wie aus Kannen. Mehr als ein Fotostopp am Friedenspalast war leider nicht drin. Die Mittagspause bei Subway neben dem großen Hauptbahnhof von Den Haag haben wir genutzt, um mal etwas trocken zu werden und ein Hotel zu buchen, denn es sollte bis abends weiter regnen. Noch 55 km bis Haarlem. Hinter Den Haag führte unsere Route zur Nordseeküste. Der Weg durch die Dünen war einfach nur schön und erinnerte uns sehr an Dänemark. Heute war das Ganze zeitweise eine Herausforderung: starker Wind von vorn kostete in der sehr hügligen Dünenlandschaft viel Kraft. Kam der Wind in offenem Gelände von der Seite, hatten wir Mühe, auf dem Weg zu bleiben. Bei Noordwijkerhout radelten wir durch ein Wildreservat und bei einer Pause stand plötzlich ein Hirsch auf dem Radweg. Die Tiere waren offenbar an den Menschen gewöhnt und kaum scheu. In der Rush Hour kämpften wir uns bei nachlassendem Regen dem Ziel entgegen. Auch Haarlem wird von einer großen Kirche im Zentrum der schönen Altstadt dominiert. Direkt daneben lag unser kleines Hotel mit winzigem Zimmern (9 qm!). Auf dem Weg zum Fietsstalling (übersetzt Fahrradschuppen, also ein Parkhaus für Fahrräder) noch ein paar Fotos gemacht und dann war 18 Uhr endlich chillen angesagt.
Im Dauerregen zur Nordseeküste
Tag 28: Haarlem - Wieringerwaart, 92 km
Nach dem guten Frühstück folgte dank Google Maps Navigation zur Windmühle De Adriaan eine unfreiwillige Stadtrundfahrt - ich hasse Google Maps!Aus 500 m wurden eben mal 2,5 km. Die Fahrt aus Haarlem heraus dauerte eine Weile, die Stadt war größer als erwartet. Aber irgendwann wurde es ruhiger und wir radelten sehr entspannt durch die hügelige schöne Landschaft eines Naherholungsgebietes. In Ijmuiden überquerten wir den Noordzeekanaal mit einer kostenlosen Fähre. Danach folgte eine wunderbare Strecke durch die Dünenlandschaft der Nordseeküste. Einzig die schlechte Oberfläche des Radweges trübte das Ganze etwas. Oberhalb von Wijk an Zee war eine gute Gelegenheit, an den Strand zu laufen, der bis dahin immer von Dünen verdeckt war. Das kühle Wetter zog wohl nur wenige Menschen ans Meer, also waren wir und die See fast unter uns. Bei Egmond aan Zee bogen wir nach Alkmaar ab. In der Stadt war alles unterwegs, was Beine hat. Die von Kanälen durchzogene Altstadt war absolut sehenswert: das Rathaus, die Grote Sint Laurentskirk oder das Käsemuseum. Wenn man denn vor lauter Menschen mal freien Blick darauf hatte. Einige Straßenmusiker wetteiferten um die Gunst des sie ignorierenden Publikums. Und da sie dies fast nebeneinander taten, wurde daraus eine Kakofonie. Nördlich von Alkmaar gings auf schönen Wegen durch Wald und Dünen. In Schagen späte Kaffeepause nach dem Einkauf und dann waren nur noch 10 km über plattes Land zum Minicampingplatz am Bauernhof, Ankunft 19 Uhr - späteste der Tour.
Durch die Dünen
Tag 29: Wieringerwaart - Moddergat,101 km
Auf dem Minicampingplatz beim Bauern haben wir gut geschlafen, ruhig war es, einzig die Kühe im Stall nebenan waren zu hören. Zuerst gings in 22 km entfernte Den Oever, hier beginnt der 36,5 km lange Damm über das Ijsselmeer. Nach einer kurzen Pause wollten wir den Damm in Angriff nehmen. Nach 300 m dann der Schock: der Radweg auf dem Damm war ohne Hinweis auf eine Umleitung gesperrt. Ein freundlicher Holländer brachte uns zum Busshuttle, der uns kostenlos über 2/3 des Damms fuhr. Im Bus kamen wir mit anderen Reiseradlern ins Gespräch. Die Fahrt verging durch die interessante Unterhaltung wie im Flug.Die restlichen 12 km auf dem Damm radelten wir dann selbst und erreichten die friesische Küstenstadt Harlingen. Nach der Mittagspause beim Chinesen drehten wir noch eine Runde durch das schöne Stadtzentrum. Auf der Route nach Norden fuhren wir überwiegend am oder vor dem Deich. Besonders schön war es vor dem Deich durch den fantastischen Blick auf das Wattenmeer, den blauen Himmel und die Küstenlinie. Außerdem herrschte oft totale Stille, einzig die Laute der Wasservögel waren zu hören. In Holwerd Stopp für den obligatorischen Einkauf und eine kurze Kaffeepause. Der nächste Campingplatz lag 5 km entfernt. Bei der Ankunft mussten wir feststellen, dass dieser nicht unseren Vorstellungen entsprach. Kurzer Blick in Google Maps und nach weiteren 11 km erreichten wir Moddergat und einen viel schöneren Campingplatz.
Über das Ijsselmeer
Tag 30 Moddergard - Groningen, 89 km
Die nächtliche Ruhe auf dem idyllischen Minicampingplatz wurde nur durch einen nachtaktiven Vogel unterbrochen, der sich wohl vorgenommen hatte, uns mit seinem nervtötenden Ton zu terrorisieren. Nach dem Frühstück war es vom Dorf Moddergat nicht weit zum Deich. Hier war erst einmal Zelttrocknen angesagt, bei Sonne und kräftigem Wind eine Sache von wenigen Minuten. Du musst nur aufpassen, dass du mit dem Zelt nicht abhebt. Dem Nordseeküstenradweg - in den Niederlanden Küstenroute - folgten wir bis Lauwersoog. Vor dem dortigen Sperrwerk hieß es dann Abschied von der Nordsee nehmen. Nach einem letzten wehmütigen Blick auf das Wattenmeer bei Flut radelten wir ab hier ins Landesinnere in Richtung Groningen. Die ersten Kilometer führten uns durch einen großen Truppenübungsplatz, Panzer haben wir nicht gesichtet - schade! Danach näherten wir uns im Zickzack-Kurs dem Ziel. Dabei durchfuhren wir kleine verschlafene Dörfer und querten einige Kanäle, echte Highlights fehlten aber. Die Fahrt ins Zentrum von Groningen war noch einmal sehr entspannt, am Ufer von Kanälen gings bis zum Reitdiephaven. Bei der Mittagspause dort hatten wir einen tollen Blick auf die farbigen Holzfassaden der Häuser am Ufer. Im Zentrum angekommen war ich ein bisschen enttäuscht, ich hatte mir Groningen ähnlich wie das schöne Haarlem vorgestellt. Steffi dagegen fand die Innenstadt schön. Der Grote Markt steht für mich dabei exemplarisch für das Nebeneinander von Alt und Neu oder auch von schön und hässlich. Die große Martinikerk steht neben modernen Gebäuden, über deren Äußeres man sicher verschiedener Meinung sein kann. Am Grote Markt wurde in einem Biergarten der Formel 1 GP in Frankreich übertragen. Und was stand dort? Ein RedBull Formel 1 Bolide!
Kampf gegen den Wind
Frankreich: unser Fazit
Das Elsaß hat unsere Erwartungen absolut übertroffen. Wunderschöne authentische Städte und Dörfer und die wunderbare Landschaft der Vogesen mit den vielen Weinbergen zum Rhein hin. Besonders überrascht hat uns die Freundlichkeit der Elsässer, meistens wurden wir sogar noch im kleinsten Dorf freundlich gegrüßt. Die Highlights waren natürlich Straßbourg und Colmar, wobei uns Colmar, obwohl kleiner, besser gefallen hat. Auf unserem Weg zur Maas lagen Nancy und Metz. In beiden Städten war das Zentrum wirklich sehenswert, besonders beeindruckt hat uns die Kathedrale in Metz. Auf dem Weg in die Ardennen waren die Orte oft nicht mehr so bilderbuchmäßig schön wie im Elsaß. Unser Eindruck war eher zwiespältig: schöne Innenstädte wechselten sich ab mit hässlichen Vororten. Oder auch: schöne Häuser und Grundstücke grenzten an herunter gekommene und verwahrloste Gebäude. Viele Ortschaften versprühen einen spröden Charme und zeigen ihre Schönheit oft erst auf den zweiten Blick. Auch die Menschen begegneten uns hier anders. Sie sind viel zurückhaltender und manchmal schon etwas unfreundlich. Die Landschaft der Maas ist wunderschön, besonders auf ihrem Weg durch die hohen, schroffen Berge der Ardennen. Essen gehen war in Frankreich für uns manchmal problematisch. Da wären: die Sprachbarriere bei den Speisekarten, die hohen Preise bzw. das schlechte Preis-Leistungs-Verhältnis und das ab 14:00 Uhr alles zu hat. Thema Radwege Infrastruktur: im Elsaß super, später gings häufig auf Straßen ohne Radweg, die kleinen Landstraßen waren häufig sehr schlecht, an der Maas über lange Strecken richtig super. Die Rücksicht der Autofahrer war ebenfalls sehr unterschiedlich ausgeprägt. Die Bandbreite der Campingplätze war groß, von sehr gut bis geht gerade noch so. Einkaufen ist im Prinzip ähnlich wie in Deutschland. Abgepacktes Brot, Kräuterquark oder Frischmilch sind oft nicht erhältlich. Zur Verständigung in Frankreich: Wir hatten vorher gelesen, dass man hier mit Englisch oft nicht weiter kommt. Leider hat sich das bestätigt. Ob in Hotels, Campingplätzen, im Restaurant oder im Supermarkt: häufig verstand man kein Wort Englisch. Besonders erstaunt hat uns, dass selbst junge Franzosen kein Englisch sprechen. Allerdings waren die Menschen fast immer sehr freundlich und bemüht uns weiterzuhelfen.
Radreise durch Deutschland, Frankreich, Belgien und die Niederlande
3.050 km in 37 Tagen: Radreise von Deutschland ins Elsaß, entlang der Maas durch Frankreich, Belgien und die Niederlande und zurück nach Deutschland im Sommer 2022, Teil 2