Wir haben die ca. 330 km in 6 Tagesetappen bewältigt. Schneller wollten wir nicht sein, da wir die Radtour genießen und uns unterwegs auch das ein oder andere ansehen wollten. Außerdem war unsere Tochter damals erst 11 Jahre alt.
Start unserer Tour im Mai 2008 war Neuhaus am Rennweg. Neuhaus liegt zwar noch nicht am Werraradweg, eignet sich aber hervorragend als Startort, schon wegen der guten Bahnanbindung.Gleich hinter Neuhaus fährt man einige Kilometer auf dem berühmten Rennsteig (170 km langer Kammweg sowie im Thüringer Wald, Thüringer Schiefergebirge und Frankenwald). Dieser (einzige) Streckenabschnitt auf Forstwege im Thüringer Wald ist einfach traumhaft! Ca. 2,5 km hinter Limbach bieten sich zwei Möglichkeiten:1. Man verlässt den Rennsteig und kann nach 500 m auf der B 281 nach links zur ersten Werraquelle bei Siegmundsburg abbiegen. (So sind wir gefahren.)2. Man folgt dem Rennsteig und gelangt so bis zur zweiten Werraquelle bei Fehrenbach. Diese Variante bedeutet allerdings deutlich mehr Höhenmeter auf teilweise schwierigem Untergrund.Von der Quelle auf 800 m folgt dann eine herrliche Abfahrt auf der wenig befahrenen B 281 bis nach Sachsenbrunn (500 m). Nach 5 km lohnt ein kurzer Stopp in Eisfeld mit einem sehr schönen Marktplatz und dem kleinen Eisfelder Schloss. Weiter geht’s mit etwas auf und ab auf kleinen Nebenstraßen über Harras und Veilsdorf nach Hildburghausen. Bei Veilsdorf hat man noch einmal einen herrlichen Blick auf den Thüringer Wald. Hildburghausen ist eine ruhige Kleinstadt im Werratal, besonders der Marktplatz mit seinen historischen Gebäuden und der Bereich um den Park ist sehenswert. Auch die imposante Stadtkirche befindet sich in der Nähe. Nach insgesamt 48 km erreichten wir an diesem Tag unser Ziel in Ebenhards, einem Ortsteil von Hildburghausen. Zu Himmelfahrt eine Unterkunft zu bekommen war wirklich schwierig, aber im Hotel “Grüner Baum” wurde uns unbürokratisch die Ferienwohnung angeboten.
Die 2. Etappe führte uns nach 9 km über Kloster Veßra. Die gleichnamige Kloster-anlage ist ein absolutes Muss. Einerseits ist die weithin sichtbare Kirchenruine St. Marien rein optisch eine Augenweide, andererseits kommen kulturhistorisch interessierte auf ihre Kosten. Auf dem Gelände befindet sich außerdem ein sehenswertes Freilichtmuseum. Etwas Zeit sollte man hier also einplanen.Weiter ging es über das beschauliche Themar auf Forst- und Feldwegen oder ruhigen Landstraßen in Richtung Meiningen. Dieser Streckenabschnitt ist landschaftlich sehr reizvoll, das Werratal ist oft schon wesentlich breiter und bietet immer wieder schöne Aussichten. Abwechselnd geht es über Felder, durch Wälder und kleine Ortschaften wie Vachdorf oder Belrieth. Hinter letzterem unterquert man die mächtige Talbrücke der A 71 und hat danach einen interessanten Blick auf das Nordportal des Eichelbergtunnels. In Untermaßfeld fährt man an der Burg Maßfeld vorbei, die heute als Gefängnis genutzt wird. Bei Kilometer 36 erreichen wir Meiningen, schon von weitem sind die beiden Türme der Kirche Unserer lieben Frauen zu erkennen. Diese beeindruckende Doppelturmkirche zählt sicher zu den schönsten sakralen Bauten in Thüringen. Daneben hat Meiningens Innenstadt u.a. einige sehr schön restaurierte Bürgerhäuser, das imposante Schloss Elisabetheburg und das Theater zu bieten. In der grünen Oase mitten in der Stadt, dem idyllischen Englischen Garten, kann man wunderbar rasten. Eine Übernachtung in Meiningen ist für kulturinteressierte Radler sicher eine gute Idee. Hinter Meiningen thront links über dem Werratal das Schloß Landsberg, es sieht ein bisschen nach einem Märchenschloss aus und beherbergt heute ein Hotel. Über Wasungen und Schwallungen führt der Radweg abseits der Straßen meist direkt am Fluss entlang nach Wernshausen. Hier haben wir im Gasthaus Zur Linde übernachtet, preiswert und was die Zimmer betrifft, eine Zeitreise in die DDR ;-)
Am 3. Tag fuhren wir hinter Wernshausen direkt an der Werra bis Breitungen, ab da ging es auf Straßen weiter vorbei an idyllisch gelegenen Kiesseen über Immelborn nach Barchfeld. Von da führt der Radweg wieder auf ruhigen Wirtschaftswegen nach Bad Salzungen. Hier sollte man sich unbedingt das Gradierwerk aus dem Ende des 18. Jahrhunderts und das wunderschönen Gebäude der Tourismusinfo ansehen. Wer Zeit und Lust hat, findet hier Entspannung im Keltenbad (Therme). Der mitten in der Stadt gelegene Rathenaupark mit dem Burgsee ist ebenfalls einen Abstecher wert.Hinter Bad Salzungen folgt der Radweg der Kreisstraße 97, die stark mäandernde Werra hat man stets linksseitig im Blick. Hinter Tiefenort folgt dann ein knackiger Anstieg: auf ca. 1,5 km sind 120 Höhenmeter zu überwinden. Zum Glück muss man den Krayenberg nicht auf der Spitze überqueren, aber weit wäre es bis zur Krayenburg nicht mehr gewesen. Auf der anderen Seite geht’s natürlich viel schneller wieder hinab ins Werratal. Über kleine Dörfer erreichen wir Vacha und verlassen vorerst Thüringen. Vacha ist sicher einen Stopp wert: das Städtchen mit vielen alten Gebäuden schaut sehr schmuck aus. Hinter Vacha überquert man auf der Werrabrücke von 1342 (!) den Fluss. Von hier aus hat man noch einmal einen tollen Blick auf Vacha.Über Philippsthal geht es vorbei an Heimboldshausen ins hessische Heringen. Ab hier durften wir wieder auf einem herrlich gelegenen Weg direkt an der Werra pedalieren. Der Monte Kali im Westen ist wirklich nicht zu übersehen. Im Abschnitt bis Gerstungen zeigt das Werratal mal ein ganz anderes Gesicht, es ist hier sehr breit und ermöglicht weite Blicke in die Landschaft. In Berka/Werra haben wir einen Abstecher vom Werraradweg gemacht, um bei Bekannten in Wünschensuhl zu übernachten.
Wieder zurück auf dem Werraradweg ging es auf einem herrlichen Teilstück über Gerstungen nach Herleshausen. Der Radweg wechselt zwischen Vacha und Hörschel immer wieder zwischen Hessen und Thüringen. Von der ehemaligen innerdeutschen Grenze ist aber kaum noch etwas zu sehen. Nach Herleshausen gelangt man auf einer romantischen Allee, weiter über Neuenhof (hier kann man mitten im Ort direkt an der Werra in einer Grünanlage ganz entspannt rasten) nach Hörschel (Beginn des Renn-steiges). Vor Hörschel ist im Norden schon die riesige Werratalbrücke der A4 zu sehen, welche man kurz hinter dem Ort unterquert. Kurz hinter Spichra taucht auf der linken Seite das Wasserkraftwerk Spichra auf. Nach ca. 40 km ist die idyllische Kleinstadt Creuzburg erreicht. Die gleichnamige Burg ist, da sie hoch oben über der Stadt thront, bereits einige Kilometer vorher gut zu erkennen. Creuzburg hat einen schönen Ortskern, auch die Burg ist aus der Ferne beeindruckend. Wir hatten uns die Mühe gemacht, hinauf zu kraxeln, waren allerdings etwas enttäuscht. Ein Teil der Burg ist Hotel-Restaurant, der andere ein Museum. Da wir keines von beiden besuchen wollten, sind wir ohne die sicher phantastische Aussicht genießen zu können, weitergefahren. Creuzburg verlässt man auf einer noch älteren (und schöneren?) Brücke als bei Vacha. Der folgende Abschnitt bis Mihla zählt für mich zu den schönsten auf dem Werraradweg überhaupt. Immer in direkter Flussnähe folgt der Weg den Biegungen der Werra, hoch türmen sich die “Ebenauer Köpfe” genannten Kalksteinfelsen am anderen Flussufer auf. Kurze Zeit später passiert man noch mächtigere Kalksteinklippen auf der Höhe von Ebenau. Kurz hinter Ebenau kann man den mächtigen Steinbruch bewundern, die im Krieg zerstörte Werrabrücke ist ein tolles Fotomotiv. Über Buchenau geht es dann auf die letzten Kilometer nach Mihla, ein ruhiger Ort am Werraknie. Übernachtet haben wir sehr preiswert im Sandgut Mihla, das ganze hatte Jugendherbergscharakter, aber die Leute waren sehr nett und das Frühstück absolut ok. Ein Blick auf die Homepage zeigt, das wohl umgebaut und renoviert wurde - schöner aber bestimmt nicht mehr so günstig wie 2008.
Nach Mihla ging es entlang einer 180° Kurve, dem Werraknie, über Ebenshausen und Frankendorf nach Treffurt. Die Strecke war ähnlich schön wie am Vortag, immer direkt an der Werra und sehr romantisch. Radelt man auf Treffurt zu, ist hoch über der Stadt die Burg Normannstein zu sehen. Treffurt selbst gibt mit seinen vielen Fachwerk-gebäuden einen Vorgeschmack auf die noch folgenden Städte im Hessischen. Exemplarisch dafür ist das wunderschöne Rathaus am Markt aus dem 16. Jahrhundert. Nicht umsonst liegt der Ort an der deutschen Fachwerkstraße. Hinter Treffurt verlässt die Werra wieder Thüringen, rechts und links säumen 400 m hohe Berge das Werratal. Hinter Altenburschla hat man auf dem Weg ins hessische Wanfried einen herrlichen Blick auf Höhenzüge und Kalksteinberge, wie zum Beispiel den Konstein (455 m). Auch in Wanfried kann man sich kaum satt sehen vor lauter Fachwerkhäusern. Nach der Überquerung der Werra am Ortsausgang bekamen wir zum ersten mal das interessante Radwegsymbol des Werraradweges in dieser Region zu sehen - ein stilisiertes Fahrrad aus Metall auf einer Holzsäule. Bis Eschwege sind es noch 10 km, kurz vor der Stadt passiert man den Werratalsee, ein herrlich gelegener, fast 2 km langer ehemaliger Baggersee mit Badestrand. Eschwege selbst hat eine wunderbar erhaltene Innenstadt mit vielen Fachwerkhäusern - auf jeden Fall sehenswert! In Eschwege überquert man wieder die Werra, kurz darauf auch die B 249. Von der Radwegbrücke über die Bundesstraße hat man einen herrlichen Blick ins Werratal und auf den Leuchtberg. Anschließend führt der Weg entlang mehrerer kleiner Baggerseen in Richtung Jestädt. Hier macht der Radweg einen Schlenker über Niederhone, wir sind aber geradeaus der Werra in Richtung Albungen gefolgt. Das Werratal wird hier (wie schon ab Creuzburg) wieder deutlich enger, die bewaldeten Berge zu beiden Seiten ragen teilweise schroff neben dem Fluss nach oben. In großen Schleifen folgt der Radweg dem Fluss bis nach Bad Sooden-Allendorf. Die aus zwei Orten entstandene Stadt zeigte sich uns auch optisch zweigeteilt. Während Allendorf, in dem wir in einer kleinen Pension preiswert übernachteten, ein architektonisches Kleinod ist, empfanden wir Bad Sooden fast als häßlich. Direkt am Kurpark stand eine Fachwerkhäuserzeile, wie aus einem Disneyfilm - das Ganze wirkte auf uns etwas kitschig und unecht. Auch die direkt durch den Ort fahrenden Güterzüge passten nicht so recht zum Kurortanspruch. Interessant war hingegen die mächtige, jedermann zugängliche Saline
Am letzten Tag ging es gleich nach dem Start in Bad Sooden-Allendorf hoch hinaus. Wir wollten zum Grenzlandmuseum Schifflersgrund auf dem knapp 300 m hohen Sickenberg. Also ca. 160 Höhenmeter auf 2,5 km. Dummerweise begann es gleich am Anstieg stark zu regnen, trotzdem strampelten wir bis nach oben. Das Grenzlandmuseum ist teilweise ein Freilandmuseum, also warteten wir ca. 1 Stunde bis der Regen aufhörte. Das Warten hat sich aber gelohnt: das Museum ist für jeden, der an der jüngeren deutschen Geschichte interessiert ist, ein muss. Neben einer chronologischen Darstellung der Geschehnisse an diesem Teil der innerdeutschen Grenze werden auch die Schicksale der Bewohner im Grenzgebiet (mit Audioguide) geschildert.Auf dem Außengelände finden sich original erhaltene Grenzbefestigungsanlagen, ein Stück Grenzzaun- und Tor, sowie sowjetische Militärtechnik (Lkw Ural, Kampfhubschrauber Mi24...)Der Besuch des Museums war auch durch die Schilderung des Schicksals von Heinz-Josef Großes (wurde 1982 beim Fluchtversuch erschossen) bewegend und aufschlussreich zugleich.Nach dem Motto “nach bergauf kommt bergab” fuhren wir wieder ins Werratal und erreichten bei wieder einsetzendem Regen auf kaum befahrenen Landstraßen Lindewerra. Der kleine Ort hat etwas Seltenes zu bieten: ein Stockmachermuseum! Außerdem erinnert die Konstruktion der Werrabrücke an die deutsche Teilung: am denkmalgeschützten Teil (Ruine der Sprengung von 1945) schließt sich ein 1999 erbautes Stahlbetonbauwerk an. Hinter Lindewerra entwickelt sich der Radweg auf einer riesigen 180° Schleife zum Singletrail :-( Das Befahren des schmalen wurzel-übersäten Pfades ist mit Gepäck nicht ohne, bei Regen noch schwieriger. Zu Beginn der Werraschleife fährt man genau auf den ehemaligen Kolonnenweg der Grenze zu, welcher rechts abzweigt. Über Werleshausen und Unterrieden erreichten wir schließlich Witzenhausen, eine weitere Stadt im Werratal mit beachtenswertem Fachwerkbestand.Direkt am Fluss führt der Radweg weiter über einige kleine Ortschaften, hinter Laubach unterquert er die A7, kurz dahinter taucht ein Wasserkraftwerk auf. Die letzen Kilometer bis Hann. Münden sind landschaftlich wieder wunderschön. Nach ca. 330 km sind wir endlich am Ziel, dem Weserstein am Zusammenfluss von Fulda und Werra in Hann. Münden.Fazit: Eine wirklich wunderbare Flussradtour mit sehr abwechslungsreicher Landschaft, netten Menschen und vielen Sehenswürdigkeiten.
faszination-radfahren.de
330 km in 7 Tagen: Tour auf dem Werratal-Radweg 2008
Tag 1: Neuhaus am Rennweg - Ebenhards, 48 km
Tag 2: Ebenhards - Wernshausen, 58 km
Tag 3: Wernshausen - Wünschensuhl, 70 km
Tag 4: Wünschensuhl - Mihla 50 km
Tag 5: Mihla - Bad Sooden Allendorf 55 km
Tag 6: Bad Sooden Allendorf - Hann. Münden, 45 km
Das war unsere erste mehrtägige Radreise. Der Werratalradweg war genau die richtige Wahl: nicht zu lang, wenig Steigungen und landschaftlich sehr schön. Auch zu sehen bekommt der Radwanderer etwas, vor allem die schönen historischen Fachwerkstädte. Die Tour entlang der Werra ist absolut familientauglich, unsere Tochter war damals erst 11 Jahre alt.
Wir haben die ca. 330 km in 6 Tagesetappen bewältigt. Schneller wollten wir nicht sein, da wir die Radtour genießen und uns unterwegs auch das ein oder andere ansehen wollten. Außerdem war unsere Tochter damals erst 11 Jahre alt.
Start unserer Tour im Mai 2008 war Neuhaus am Rennweg. Neuhaus liegt zwar noch nicht am Werraradweg, eignet sich aber hervorragend als Startort, schon wegen der guten Bahnanbindung.Gleich hinter Neuhaus fährt man einige Kilometer auf dem berühmten Rennsteig (170 km langer Kammweg sowie im Thüringer Wald, Thüringer Schiefergebirge und Frankenwald). Dieser (einzige) Streckenabschnitt auf Forstwege im Thüringer Wald ist einfach traumhaft! Ca. 2,5 km hinter Limbach bieten sich zwei Möglichkeiten:1. Man verlässt den Rennsteig und kann nach 500 m auf der B 281 nach links zur ersten Werraquelle bei Siegmundsburg abbiegen. (So sind wir gefahren.)2. Man folgt dem Rennsteig und gelangt so bis zur zweiten Werraquelle bei Fehrenbach. Diese Variante bedeutet allerdings deutlich mehr Höhenmeter auf teilweise schwierigem Untergrund.Von der Quelle auf 800 m folgt dann eine herrliche Abfahrt auf der wenig befahrenen B 281 bis nach Sachsenbrunn (500 m). Nach 5 km lohnt ein kurzer Stopp in Eisfeld mit einem sehr schönen Marktplatz und dem kleinen Eisfelder Schloss. Weiter geht’s mit etwas auf und ab auf kleinen Nebenstraßen über Harras und Veilsdorf nach Hildburghausen. Bei Veilsdorf hat man noch einmal einen herrlichen Blick auf den Thüringer Wald. Hildburghausen ist eine ruhige Kleinstadt im Werratal, besonders der Marktplatz mit seinen historischen Gebäuden und der Bereich um den Park ist sehenswert. Auch die imposante Stadtkirche befindet sich in der Nähe. Nach insgesamt 48 km erreichten wir an diesem Tag unser Ziel in Ebenhards, einem Ortsteil von Hildburghausen. Zu Himmelfahrt eine Unterkunft zu bekommen war wirklich schwierig, aber im Hotel “Grüner Baum” wurde uns unbürokratisch die Ferienwohnung angeboten.
Die 2. Etappe führte uns nach 9 km über Kloster Veßra. Die gleichnamige Kloster-anlage ist ein absolutes Muss. Einerseits ist die weithin sichtbare Kirchenruine St. Marien rein optisch eine Augenweide, andererseits kommen kulturhistorisch interessierte auf ihre Kosten. Auf dem Gelände befindet sich außerdem ein sehenswertes Freilichtmuseum. Etwas Zeit sollte man hier also einplanen.Weiter ging es über das beschauliche Themar auf Forst- und Feldwegen oder ruhigen Landstraßen in Richtung Meiningen. Dieser Streckenabschnitt ist landschaftlich sehr reizvoll, das Werratal ist oft schon wesentlich breiter und bietet immer wieder schöne Aussichten. Abwechselnd geht es über Felder, durch Wälder und kleine Ortschaften wie Vachdorf oder Belrieth. Hinter letzterem unterquert man die mächtige Talbrücke der A 71 und hat danach einen interessanten Blick auf das Nordportal des Eichelbergtunnels. In Untermaßfeld fährt man an der Burg Maßfeld vorbei, die heute als Gefängnis genutzt wird. Bei Kilometer 36 erreichen wir Meiningen, schon von weitem sind die beiden Türme der Kirche Unserer lieben Frauen zu erkennen. Diese beeindruckende Doppelturmkirche zählt sicher zu den schönsten sakralen Bauten in Thüringen. Daneben hat Meiningens Innenstadt u.a. einige sehr schön restaurierte Bürgerhäuser, das imposante Schloss Elisabetheburg und das Theater zu bieten. In der grünen Oase mitten in der Stadt, dem idyllischen Englischen Garten, kann man wunderbar rasten. Eine Übernachtung in Meiningen ist für kulturinteressierte Radler sicher eine gute Idee. Hinter Meiningen thront links über dem Werratal das Schloß Landsberg, es sieht ein bisschen nach einem Märchenschloss aus und beherbergt heute ein Hotel. Über Wasungen und Schwallungen führt der Radweg abseits der Straßen meist direkt am Fluss entlang nach Wernshausen. Hier haben wir im Gasthaus Zur Linde übernachtet, preiswert und was die Zimmer betrifft, eine Zeitreise in die DDR ;-)
Am 3. Tag fuhren wir hinter Wernshausen direkt an der Werra bis Breitungen, ab da ging es auf Straßen weiter vorbei an idyllisch gelegenen Kiesseen über Immelborn nach Barchfeld. Von da führt der Radweg wieder auf ruhigen Wirtschaftswegen nach Bad Salzungen. Hier sollte man sich unbedingt das Gradierwerk aus dem Ende des 18. Jahrhunderts und das wunderschönen Gebäude der Tourismusinfo ansehen. Wer Zeit und Lust hat, findet hier Entspannung im Keltenbad (Therme). Der mitten in der Stadt gelegene Rathenaupark mit dem Burgsee ist ebenfalls einen Abstecher wert.Hinter Bad Salzungen folgt der Radweg der Kreisstraße 97, die stark mäandernde Werra hat man stets linksseitig im Blick. Hinter Tiefenort folgt dann ein knackiger Anstieg: auf ca. 1,5 km sind 120 Höhenmeter zu überwinden. Zum Glück muss man den Krayenberg nicht auf der Spitze überqueren, aber weit wäre es bis zur Krayenburg nicht mehr gewesen. Auf der anderen Seite geht’s natürlich viel schneller wieder hinab ins Werratal. Über kleine Dörfer erreichen wir Vacha und verlassen vorerst Thüringen. Vacha ist sicher einen Stopp wert: das Städtchen mit vielen alten Gebäuden schaut sehr schmuck aus. Hinter Vacha überquert man auf der Werrabrücke von 1342 (!) den Fluss. Von hier aus hat man noch einmal einen tollen Blick auf Vacha.Über Philippsthal geht es vorbei an Heimboldshausen ins hessische Heringen. Ab hier durften wir wieder auf einem herrlich gelegenen Weg direkt an der Werra pedalieren. Der Monte Kali im Westen ist wirklich nicht zu übersehen. Im Abschnitt bis Gerstungen zeigt das Werratal mal ein ganz anderes Gesicht, es ist hier sehr breit und ermöglicht weite Blicke in die Landschaft. In Berka/Werra haben wir einen Abstecher vom Werraradweg gemacht, um bei Bekannten in Wünschensuhl zu übernachten.
Wieder zurück auf dem Werraradweg ging es auf einem herrlichen Teilstück über Gerstungen nach Herleshausen. Der Radweg wechselt zwischen Vacha und Hörschel immer wieder zwischen Hessen und Thüringen. Von der ehemaligen innerdeutschen Grenze ist aber kaum noch etwas zu sehen. Nach Herleshausen gelangt man auf einer romantischen Allee, weiter über Neuenhof (hier kann man mitten im Ort direkt an der Werra in einer Grünanlage ganz entspannt rasten) nach Hörschel (Beginn des Renn-steiges). Vor Hörschel ist im Norden schon die riesige Werratalbrücke der A4 zu sehen, welche man kurz hinter dem Ort unterquert. Kurz hinter Spichra taucht auf der linken Seite das Wasserkraftwerk Spichra auf. Nach ca. 40 km ist die idyllische Kleinstadt Creuzburg erreicht. Die gleichnamige Burg ist, da sie hoch oben über der Stadt thront, bereits einige Kilometer vorher gut zu erkennen. Creuzburg hat einen schönen Ortskern, auch die Burg ist aus der Ferne beeindruckend. Wir hatten uns die Mühe gemacht, hinauf zu kraxeln, waren allerdings etwas enttäuscht. Ein Teil der Burg ist Hotel-Restaurant, der andere ein Museum. Da wir keines von beiden besuchen wollten, sind wir ohne die sicher phantastische Aussicht genießen zu können, weitergefahren. Creuzburg verlässt man auf einer noch älteren (und schöneren?) Brücke als bei Vacha. Der folgende Abschnitt bis Mihla zählt für mich zu den schönsten auf dem Werraradweg überhaupt. Immer in direkter Flussnähe folgt der Weg den Biegungen der Werra, hoch türmen sich die “Ebenauer Köpfe” genannten Kalksteinfelsen am anderen Flussufer auf. Kurze Zeit später passiert man noch mächtigere Kalksteinklippen auf der Höhe von Ebenau. Kurz hinter Ebenau kann man den mächtigen Steinbruch bewundern, die im Krieg zerstörte Werrabrücke ist ein tolles Fotomotiv. Über Buchenau geht es dann auf die letzten Kilometer nach Mihla, ein ruhiger Ort am Werraknie. Übernachtet haben wir sehr preiswert im Sandgut Mihla, das ganze hatte Jugendherbergscharakter, aber die Leute waren sehr nett und das Frühstück absolut ok. Ein Blick auf die Homepage zeigt, das wohl umgebaut und renoviert wurde - schöner aber bestimmt nicht mehr so günstig wie 2008.
Nach Mihla ging es entlang einer 180° Kurve, dem Werraknie, über Ebenshausen und Frankendorf nach Treffurt. Die Strecke war ähnlich schön wie am Vortag, immer direkt an der Werra und sehr romantisch. Radelt man auf Treffurt zu, ist hoch über der Stadt die Burg Normannstein zu sehen. Treffurt selbst gibt mit seinen vielen Fachwerk-gebäuden einen Vorgeschmack auf die noch folgenden Städte im Hessischen. Exemplarisch dafür ist das wunderschöne Rathaus am Markt aus dem 16. Jahrhundert. Nicht umsonst liegt der Ort an der deutschen Fachwerkstraße. Hinter Treffurt verlässt die Werra wieder Thüringen, rechts und links säumen 400 m hohe Berge das Werratal. Hinter Altenburschla hat man auf dem Weg ins hessische Wanfried einen herrlichen Blick auf Höhenzüge und Kalksteinberge, wie zum Beispiel den Konstein (455 m). Auch in Wanfried kann man sich kaum satt sehen vor lauter Fachwerkhäusern. Nach der Überquerung der Werra am Ortsausgang bekamen wir zum ersten mal das interessante Radwegsymbol des Werraradweges in dieser Region zu sehen - ein stilisiertes Fahrrad aus Metall auf einer Holzsäule. Bis Eschwege sind es noch 10 km, kurz vor der Stadt passiert man den Werratalsee, ein herrlich gelegener, fast 2 km langer ehemaliger Baggersee mit Badestrand. Eschwege selbst hat eine wunderbar erhaltene Innenstadt mit vielen Fachwerkhäusern - auf jeden Fall sehenswert! In Eschwege überquert man wieder die Werra, kurz darauf auch die B 249. Von der Radwegbrücke über die Bundesstraße hat man einen herrlichen Blick ins Werratal und auf den Leuchtberg. Anschließend führt der Weg entlang mehrerer kleiner Baggerseen in Richtung Jestädt. Hier macht der Radweg einen Schlenker über Niederhone, wir sind aber geradeaus der Werra in Richtung Albungen gefolgt. Das Werratal wird hier (wie schon ab Creuzburg) wieder deutlich enger, die bewaldeten Berge zu beiden Seiten ragen teilweise schroff neben dem Fluss nach oben. In großen Schleifen folgt der Radweg dem Fluss bis nach Bad Sooden-Allendorf. Die aus zwei Orten entstandene Stadt zeigte sich uns auch optisch zweigeteilt. Während Allendorf, in dem wir in einer kleinen Pension preiswert übernachteten, ein architektonisches Kleinod ist, empfanden wir Bad Sooden fast als häßlich. Direkt am Kurpark stand eine Fachwerkhäuserzeile, wie aus einem Disneyfilm - das Ganze wirkte auf uns etwas kitschig und unecht. Auch die direkt durch den Ort fahrenden Güterzüge passten nicht so recht zum Kurortanspruch. Interessant war hingegen die mächtige, jedermann zugängliche Saline
Am letzten Tag ging es gleich nach dem Start in Bad Sooden-Allendorf hoch hinaus. Wir wollten zum Grenzlandmuseum Schifflersgrund auf dem knapp 300 m hohen Sickenberg. Also ca. 160 Höhenmeter auf 2,5 km. Dummerweise begann es gleich am Anstieg stark zu regnen, trotzdem strampelten wir bis nach oben. Das Grenzlandmuseum ist teilweise ein Freilandmuseum, also warteten wir ca. 1 Stunde bis der Regen aufhörte. Das Warten hat sich aber gelohnt: das Museum ist für jeden, der an der jüngeren deutschen Geschichte interessiert ist, ein muss. Neben einer chronologischen Darstellung der Geschehnisse an diesem Teil der innerdeutschen Grenze werden auch die Schicksale der Bewohner im Grenzgebiet (mit Audioguide) geschildert.Auf dem Außengelände finden sich original erhaltene Grenzbefestigungsanlagen, ein Stück Grenzzaun- und Tor, sowie sowjetische Militärtechnik (Lkw Ural, Kampfhubschrauber Mi24...)Der Besuch des Museums war auch durch die Schilderung des Schicksals von Heinz-Josef Großes (wurde 1982 beim Fluchtversuch erschossen) bewegend und aufschlussreich zugleich.Nach dem Motto “nach bergauf kommt bergab” fuhren wir wieder ins Werratal und erreichten bei wieder einsetzendem Regen auf kaum befahrenen Landstraßen Lindewerra. Der kleine Ort hat etwas Seltenes zu bieten: ein Stockmachermuseum! Außerdem erinnert die Konstruktion der Werrabrücke an die deutsche Teilung: am denkmalgeschützten Teil (Ruine der Sprengung von 1945) schließt sich ein 1999 erbautes Stahlbetonbauwerk an. Hinter Lindewerra entwickelt sich der Radweg auf einer riesigen 180° Schleife zum Singletrail :-( Das Befahren des schmalen wurzel-übersäten Pfades ist mit Gepäck nicht ohne, bei Regen noch schwieriger. Zu Beginn der Werraschleife fährt man genau auf den ehemaligen Kolonnenweg der Grenze zu, welcher rechts abzweigt. Über Werleshausen und Unterrieden erreichten wir schließlich Witzenhausen, eine weitere Stadt im Werratal mit beachtenswertem Fachwerkbestand.Direkt am Fluss führt der Radweg weiter über einige kleine Ortschaften, hinter Laubach unterquert er die A7, kurz dahinter taucht ein Wasserkraftwerk auf. Die letzen Kilometer bis Hann. Münden sind landschaftlich wieder wunderschön. Nach ca. 330 km sind wir endlich am Ziel, dem Weserstein am Zusammenfluss von Fulda und Werra in Hann. Münden.Fazit: Eine wirklich wunderbare Flussradtour mit sehr abwechslungsreicher Landschaft, netten Menschen und vielen Sehenswürdigkeiten.
330 km in 7 Tagen: Tour auf dem Werratal-Radweg 2008
Tag 1: Neuhaus am Rennweg - Ebenhards, 48 km
Tag 2: Ebenhards - Wernshausen, 58 km
Tag 3: Wernshausen - Wünschensuhl, 70 km
Tag 4: Wünschensuhl - Mihla 50 km
Tag 5: Mihla - Bad Sooden Allendorf 55 km
Tag 6: Bad Sooden Allendorf - Hann. Münden, 45 km
Das war unsere erste mehrtägige Radreise. Der Werratalradweg war genau die richtige Wahl: nicht zu lang, wenig Steigungen und landschaftlich sehr schön. Auch zu sehen bekommt der Radwanderer etwas, vor allem die schönen historischen Fachwerkstädte. Die Tour entlang der Werra ist absolut familientauglich, unsere Tochter war damals erst 11 Jahre alt.